Gerade gibt es wieder mal eine angeregte Diskussion zum Thema ÖPNV. Als Möglichkeit die Abgasbelastung der Innenstädte zu verringern.
Ich behaupte, die Vorteile sind noch wesentlich größer und wiegen alle Kosten auf. Im folgenden Artikel werde ich, in loser Reihenfolge, meine Argumente für einen kostenlosen ÖPNV aufschreiben.
- Kosten für den Bürger. Ja, low hanging fruit aber tatsächlich ein sehr simples Argument. Wenn ich in die Stadt fahren will und eine gewisse Zeit dort verbringe, dann ist Bus fahren für mich teurer, als im Parkhaus zu stehen. Der Bus kostet eine Fahrt 2,40 Euro und das Parkhaus 2,00 Euro. Wenn dann noch meine Frau mit in die Stadt will sind wir schon bei zwei mal 2,40 Euro nur für die Hinfahrt. Für die Fahrt zurück dann noch einmal 4,80 Euro. Insgesamt fast 10 Euro nur um in die Stadt und zurück zu kommen. Beim Auto immer noch 2,00 Euro plus ein paar Cent Sprit und Abnutzung. Wenn ich also in die Innenstadt will, dann kostet es immer Geld.
- Konsum in der Innenstadt. Wie oft habe ich gedacht „jetzt eben in die Stadt und ein Buch kaufen“ oder ähnliches, bin dann aber davon ab, weil es billiger und bequemer ist, dass online zu machen. „Aber wir haben doch Buchpreisbindung. Bücher kosten überall das gleiche!“ Stimmt. Aber beim Online Bestellen habe ich keine Kosten um in den Laden zu kommen. Wäre der ÖPNV kostenlos würde ich wesentlich öfter mit Kind und Kegel eine kurze Tour in die City unternehmen. Schuhe, Klamotten, Bücher, Unterhaltungselektronik und ab und zu ein Eis oder ähnliches. Die Innenstädte würde, meine Meinung nach, deutlich mehr Laufkundschaft bekommen.
- Kosten für die Stadt. Ja, erst einmal würde die Stadt Geld in die Hand nehmen müssen, um den ÖPNV zu finanzieren aber auf der anderen Seite bedeutet weniger PKW Verkehr in den Innenstädten geringeren Verschleiß an der Infrastruktur. Auch würden Baustellen etc. weniger Einfluss auf den Verkehr als solchen haben, da die Stadt das mit den ÖPNV besser planen kann. Plus, ein erhöhter Umsatz in den Städten bedeutet mehr Steuereinnahmen. Vollere Innenstädte erhöhen die Attraktivität für Geschäfte und Ladeninhaber was wieder zu mehr Steuereinnahmen führt.
- Weniger heimische PKW im Innenstadtverkehr machen die Innenstadt für Touristen und Bummler viel attraktiver. Was wieder zu mehr Umsatz führt.
Das sind die Dinge, die mir so ad hock einfallen. Wie ist das bei euch? Habt ihr noch pro Argumente, die ich übersehen habe? Oder gar logisch nachvollziehbare contra Argumente? Über einen Kommentar würde ich mich freuen. :)
Also auch wenn ich an meiner aktuellen Arbeitsstelle nicht davon profitieren würde, da diese sehr schlecht angebunden ist, begrüße ich die Idee.
Ich sehe noch mehrere kleinere bis größere Vorteile:
1.) Nutzer des ÖPNV müssten sich keine Gedanken mehr machen, ob sie am Ziel gerade noch in Zone XYZ sind oder schon einen anderen Tarif am Automaten ziehen müssen.
2.) Allgemein wird die Nutzung des ÖPNV in für einen fremden Städten besser. Dort gibt es Besonderheiten, die man ggf. nicht kennt. Das bezieht sich auch auf Tarifzonen, wie auch auf Kleinigkeiten wie „Muss das Ticket abgestempelt werden oder ist es schon ‚aktiv‘, wenn es aus dem Automaten kommt“ oder essentiell wichtige Dinge wie „Wo ziehe ich das Ticket? Aha, nur in der Bahn! Oh, die nehmen hier nur Münzgeld! Habe ich nicht dabei. Was mache ich jetzt?“
3.) Passend zum letzten Punkt: Man benötigt nicht mehr das „passende“ Geld bzw. die Geldart.
4.) Defekte Automaten sind auch kein Problem mehr.
5.) Wo wir gerade bei Automaten sind: Nutzer verpassen keine Bahn mehr, weil es eine Schlange am Automaten gibt oder sie nicht genug Zeit eingeplant haben und können gleich in die Bahn einsteigen.
6.) Was die Kosten angeht werden Kontrolleure eingespart sowie Personal um Automaten zu warten. „Aufpasser“ muss es natürlich trotzdem geben, damit Störenfriede entsprechend Kontrolle haben. Ich denke aber, dass auf lange Sicht mehr Arbeitsplätze geschaffen werden, da dieses Gratis-Angebot besser genutzt wird. Das führt dann auch zu:
7.) Höhere Bus-/Bahn-Frequenz, wenn mehr Bedarf ist.
Mir fallen sicher noch weitere Punkte ein. Gerade die ersten Punkten waren die, die mir die letzten Jahre auch immer wieder aufgefallen und untergekommen sind. Gerade in anderen Städten ^^
Ich befürchte zwar, dass es nicht soweit kommen wird, fände das aber großartig und einen Fortschritt für die Menschheit! :)
So sehr ich persönlich auch dafür bin, würden deine Argumente in Stuttgart leider nicht funktionieren :(
zu 1.
Parkhaus oder allein schon ein Straßenparkplatz in der Innenstadt kostet 4,00 € / Stunde und dann noch 1 Stunde Höchstparkdauer. Die Kosten für Öffentliche Verkehrsmittel sind auch sehr teuer, aber nicht teurer als ein Parkticket.
zu 2.
Stuttgart ist hoffnungslos überfüllt von Menschen, zu jeder Tages- und Nachtzeit. Egal ob Feinstaubalarm ist oder nicht. Es wird konsumiert ohne Ende, sämtliche Gastronomien und Läden sind jederzeit voll von Leuten.
zu 3.
Die Stadt verdient hier hauptsächlich mit den Autofahrern. Zum einen Strafzettel durch Falschparker und geblitzten Rasern, zum anderen steht hier auch eine Lobby dahinter (siehe Mercedes, Porsche…). Noch mehr Menschen und Konsum geht fast gar nicht, siehe Punkt 2. Wir haben hier seit Jahren Dauerbaustellen, aber das mindert nicht die Anzahl an Autos in der Stadt. Wir kennen es halt nicht anders und sind es gewöhnt!
zu 4.
Leider schreckt das hier niemanden ab. Einheimische wie Touristen gibt es immer en masse. Und Autos sowieso! Als ich noch in S-West gewohnt habe, musste ich nicht selten (!) eine halbe Stunde einen Parkplatz suchen, wenn ich nach Hause gekommen bin, und habe ebenfalls nicht selten (!) trotz Anwohnerausweis einen (leider berechtigten) Strafzettel kassiert, z. B. zu nah in der Kurve oder gerade so nicht mehr in der eigenen Parkzone geparkt.
Für die Bürger und mich selbst würde ich mir den kostenlosen Nahverkehr in ganz Deutschland wünschen. Und ich hoffe, dass es sich eines Tages wirklich durchsetzen wird. Aber gerade hier in Stuttgart hätte die Stadt keinen Nutzen und noch eine Druck ausübende Autolobby im Nacken. Da kann man über den Feinstaub schonmal hinwegsehen.